Dialog & Kooperation
OST - Ostschweizer Fachhochschule

26. Oktober 2023

Heiss, heisser - Hitzebelastung

Zunehmende Hitzetage und Trockenheit prägen vermehrt unseren Alltag. Und dies hat immer mehr Auswirkungen auf die Gesundheit der Bevölkerung. Die 4. Klimakonferenz der OST in Kooperation mit dem Amt für Wasser und Energie AWE des Kantons St.Gallen nahm sich dem Thema Hitzebelastung in den Gemeinden an.

Michael-Breu-OST

Michael Breu
Kommunikation OST

Das Jahr 2023 schreibt Geschichte: Noch nie hatten wir einen so heissen Sommer, seit die Temperatur auf der Erde gemessen wird. Und mit grösster Wahrscheinlichkeit wird das Jahr 2023 zu den fünf wärmsten Jahren der Geschichte gehören, so die Prognose des US-amerikanischen National Centers for Environmental Information. Bislang liegt es bereits an dritter Stelle.

In der Ostschweiz ist die Klimaerhitzung besonders deutlich zu spüren: Während die globale Durchschnittstemperatur um 1,3 Grad Celsius wärmer ist, verglichen zum vorindustriellen Niveau (1850-1900), liegt der Schnitt im Kanton St.Gallen bei über zwei Grad.

Eugster

Wir erleben eine enorme Zunahme von Hitzetagen. Die Klimaerhitzung ist real – heute für uns und erst recht für unsere Nachkommen.

Michael Eugster

Leiter Amt für Wasser und Energie Kanton St.Gallen

Rund achtzig Personen von Planungsbüros, kommunalen und kantonalen Behörden haben am 26. September 2023 an der vom Klimacluster der OST – Ostschweizer Fachhochschule in Kooperation mit dem St.Galler Amt für Wasser und Energie organisierten Klimakonferenz teilgenommen. Diskutiert wurde, wie Gemeinden den künftigen Hitzebelastungen im Siedlungsgebiet entgegenwirken können.

Biber

Die ‹graue Verdichtung› muss zwingend begleitet werden von ‹grün-blauen Elementen›.

Alexander Biber

Raumplaner, Amt für Raumplanung und Geoinformation, Kanton St.Gallen

Gemeint sind damit Grünflächen, auf denen das Regenwasser versickern kann, Bäume und begrünte Dächer und Fassaden. «Gegenüber dem Umland ist es in der Stadt um über zehn Grad heisser, Städte sind Hitzeinseln», so der kantonale Raumplaner, der die künftige Temperaturentwicklung in der Stadt St.Gallen mit dem Klima in Südspanien verglich – «nur ohne Meeranschluss». Um diese «grün-blaue Verdichtung» besser planen und gestalten zu können, entwickle der Kanton derzeit sechs Klimakarten, die bis Ende 2023 auf dem Geoportal abrufbar seien.

Wie eine grün-blaue Verdichtung aussehen könnte, erläuterte Nachhaltigkeitsexpertin Melanie Diem am Beispiel des Projekts «Grünes Gallustal». «Grünes Gallustal» ist eine Vision der Zivilgesellschaft für eine grünere Stadt St.Gallen. Anhand von 14 konkreten Massnahmen zeigt das Projekt auf, wo Grünräume im Stadtgebiet flächendeckend ausgebaut und untereinander vernetzt werden können. So werde die Biodiversität in der Stadt gefördert und die Folgen des globalen Klimawandels gemildert.

Diem

Wir brauchen mehr Grün-Korridore, multifunktionale Räume und begrünte Restflächen!

Melanie Diem

Nachhaltigkeitsexpertin

Eine Idee, die Nicolas Perrez vom Amt für Städtebau in Winterthur bereits mit einzelnen Projekten aktiv angeht, um den Hitzestress zu minimieren, wie er sagte. Künftig sollen weitere Massnahmen hinzukommen, so wolle man beispielsweise Winterthur zur «Schwammstadt» entwickeln.

Ein Thema, mit dem sich auch Tobias Baur vom Institut für Landschaft und Freiraum der OST – Ostschweizer Fachhochschule beschäftigt. Grün-blaue Infrastrukturen seien «der Schlüssel für attraktive Freiräume», sagte der Landschaftsgestalter an der Klimakonferenz. «Es braucht nicht immer das grosse Konzept. Man kann auch einfache Prinzipien und Gelegenheiten nutzen – mehr Bäume und Grün, mehr Schatten, weniger versiegeln und das Wasser mitdenken», ergänzten Andreas Schneider und Philipp Krass in ihrem Referat. Die beiden Raum- und Stadtplaner befassen sich am Institut für Raumentwicklung der OST mit der Innenentwicklung von kleinen und mittelgrossen Gemeinden.

Igor Bosshard vom Institut für Solartechnik der OST setzte die Gebäudetechnik in den Mittelpunkt seiner Ausführungen. So plädierte er unter anderem dafür, neben den Dächern auch die Gebäudefassaden mit Photovoltaik auszurüsten. Auch müsse man sich vermehrt mit Anergie-Netzen beschäftigen.

Bosshard

Wir bauen Fernwärmenetze, aber wir machen uns keine Gedanken, wie wir Kälte bereitstellen können.

Igor Bosshard

Institut für Solartechnik der OST

Was die Klimaerhitzung aus gesundheitlicher Sicht bedeutet, erläuterte Karin Faisst, Leiterin des St.Galler Amtes für Gesundheitsvorsorge: «Der Klimawandel ist die grösste Bedrohung der menschlichen Gesundheit im 21. Jahrhundert», zitierte sie ein Grundsatzpapier des World Health Summit, dem Weltgesundheitsgipfel.

Faist

Wir müssen dringend Massnahmen umsetzen, weil: die Hitze tötet uns!

Karin Faisst

Leiterin Amt für Gesundheitsvorsorge Kanton St.Gallen

So habe man beispielsweise im vergangenen Jahr mehr Hitzetote registriert als Verkehrstote. Der Kanton St.Gallen erarbeite derzeit einen «Hitzeaktionsplan», der ein Frühwarnsystem beinhalte, aber auch Sensibilisierungskampagnen und Empfehlungen für städtebauliche Massnahmen.

Klimakonferenz verpasst?

Die Vorträge der 4. Klimakonferenz sind über die Webseite des Klimaclusters der OST abrufbar.

Was kann ich tun?

  • Mache mit an Baum-Pflanz Aktionen in deiner Umgebung, oder wenn du einen eigenen Garten besitzt, pflanze selber einen Baum – oder zwei oder drei!
  • Überlege dir, welche Elemente der blau-grünen Infrastruktur du in deinem Quartier und deinem Haus umsetzen kannst: Inspiration gibt es  z.B. hier: Grünstadt Schweiz, Naturinfo
  • Stöbere im Energie-Blog, so erfährst du z.B. was die Gemeinde Uzwil bereits umsetzt.

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