Mobilität & Verkehr
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03. Juni 2025

Pilotversuch zeigt: Kombinierte Mobilität kommt an

Seit einigen Jahren boomt die geteilte Mikromobilität in Form von E-Trottinetten und E-Bikes auch in unserer Region. Dabei ist eine rege Debatte über Nutzen und Nachteile dieser neuen Mobilitätsangebote entstanden. Das Institut für Mobilität der Universität St.Gallen hat deshalb gemeinsam mit dem Tarifverbund OSTWIND, Dott, den SBB, der AGGLO St.Gallen-Bodensee sowie der Stadt St.Gallen untersucht, wie sich die Integration dieser geteilten Mobilitätsangebote ins bestehende öV-Angebot optimieren lässt. Nun liegen die Ergebnisse vor.

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Doro Anderegg
Kommunikation und Projektarbeit REGIO Appenzell AR-St.Gallen-Bodensee

Matthias Brüning ist wissenschaftlicher Mitarbeiter am Institut für Mobilität der Universität St.Gallen (IMO-HSG) und hat die Pilotstudie geleitet. In einer ersten Befragung 2023 in Zusammenarbeit mit der Stadt St.Gallen hat das Institut bereits festgestellt, dass über zwei Drittel der Befragten die Mikromobilität als sinnvolle Ergänzung zum Stadtverkehr sehen. Zudem gab es 2022 schon eine Aktion von OSTWIND und TIER, wo Abonnenten Codes für Vergünstigungen erhielten. «Auch hierzu gab es viel positives Echo. Wir haben uns deshalb gesagt: Dieses Thema könnte man doch grösser angehen und mit weiteren Partnern in unserem Netzwerk gemeinsam voranbringen.»

Zwei Massnahmen im Test: Sharing Zonen und kombinierte Tarifangebote

Das IMO-HSG hat sich deshalb mit dem Tarifverbund OSTWIND, Dott (ehemals TIER), den SBB, der AGGLO St.Gallen-Bodensee sowie der Stadt St.Gallen in einem Konsortium zusammengetan und zwei Stossrichtungen für einen Pilotversuch eruiert:

1. Gebündelte Angebote für geteilte Mikromobilität und öV («Bundles»)

Abokundinnen und -kunden im Tarifverbund OSTWIND konnten eines von drei Paketen für die Nutzung von Dott E-Scootern und E-Bikes abschliessen: Eine Flatrate (unbegrenzte Nutzung für CHF 35), ein Paket mit 50 Freiminuten für CHF 10 und ein Paket mit 50% Rabatt auf den Normalpreis (Halbtax-Modell). Zudem konnte, wer ein Einzelbillett in der öV-Plus App gekauft hatte, für den Aufpreis von CHF 2.70 einen Gutschein für eine 12-minütige Dott-Fahrt erwerben.

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2. Hubs für geteilte Mikromobilität («Sharing Zonen»)

An acht ausgewählten Bahnhöfen (Hauptbahnhof St.Gallen, St.Fiden, Winkeln, Güterbahnhof, Haggen, Mörschwil, Goldach, Arnegg) wurden Abstellflächen für geteilte E-Trottinette und E-Bikes eingerichtet und gekennzeichnet. Diese Sharing Zonen sollen dazu beitragen, dass die Velos und Trottinette ordentlich abgestellt werden und zugleich besser auffindbar sind für die Nutzerinnen und Nutzer.

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Die Testphase dauerte 10 Wochen, im Sommer und Herbst 2024. Nun ist der Schlussbericht fertig und liefert spannende Erkenntnisse.

Warum sind solche Tests und Studien wichtig?

Studienleiter Matthias Brüning hat kombinierte Mobilität selbst auch ausprobiert und ist in St.Gallen oft mit dem Velo oder öV unterwegs. Die Entwicklung und Einführung von neuen Angeboten sei immer ein Prozess und benötige Zeit und eine gute Abstimmung mit allen Involvierten. Umso wichtiger seien Pilotversuche:

Wir wissen aus den Befragungen, dass ein Interesse an gebündelten Angeboten besteht und dass das Umsteigen unkompliziert auf kürzesten Wegen funktionieren sollte. In der Kombination mit Bundles für Einzelfahrten und einer Flatrate wurde das noch nie überhaupt in der Praxis getestet. Nur in konkreten Anwendungen können aber Erkenntnisse gewonnen werden, welche Ideen wirklich funktionieren – und wo noch nachgebessert werden muss. 

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Matthias Brüning
wissenschaftlicher Mitarbeiter am Institut für Mobilität der Universität St.Gallen (IMO-HSG)

Was kam denn nun dabei heraus: die zentralen Erkenntnisse von «Multimodal vernetzt»

⚡ Während der zehnwöchigen Pilotphase wurden 241 vergünstigte Kombi-Pakete verkauft (in Relation zu früheren ähnlichen Versuchen eine deutliche Nachfragesteigerung)

▶️ Alle verschiedenen Paketoptionen (Flatrate, 50 Minuten, 50% Rabatt auf den Normalpreis) fanden eine relevante Nachfrage – das 50-Minuten-Paket war am beliebtesten

🌄 Auch ausserhalb der Zentren (z.B. Mörschwil und Rorschacherberg) wurde das Angebot aktiv genutzt

🚏 Die Sharing Zonen an den Bahnhöfen erhielten positives Feedback; sie erhöhen die Ordnung und Auffindbarkeit

📈 Die Nachfrage stieg im Laufe der Testphase trotz schlechter werdendem Herbstwetter – das zeigt das Potenzial für ein dauerhaftes Angebot

Der ausführliche Schlussbericht der Pilotstudie ist hier abrufbar: Schlussbericht «Multimodal vernetzt»

 

…und was passiert als nächstes? Das Fazit der beteiligten Partner:

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«Die Pilotstudie zeigt deutlich das Potenzial integrierter Mobilitätsangebote, die die Attraktivität des ÖV insgesamt erhöhen können»

sagt Dr. Philipp Scharfenberger, Vizedirektor des Instituts für Mobilität der Universität St.Gallen.

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«Die Pilotstudie hat gezeigt, dass Kundinnen und Kunden attraktive Angebote zur kombinierten Nutzung von Mikromobilität und ÖV schätzen. Wir sehen darin eine Chance, den ÖV in der Region noch attraktiver zu machen»

sagt Christian Stieger, Leiter Marketing & Kommunikation beim Tarifverbund OSTWIND.

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«Die erfolgreiche Umsetzung kombinierter Angebote erfordert eine enge Zusammenarbeit aller Beteiligten, also zwischen Anbietern, Verkehrsbetrieben und Verwaltungen. So können wir nachhaltige Lösungen schaffen, die den Bedürfnissen der Nutzerinnen und Nutzer gerecht werden»

betont Manuel Herzog, Country Manager Schweiz bei Dott.

Tobias Winiger

Tobias Winiger, Leiter Agglomerationsprogramm St.Gallen-Bodensee, ergänzt:

«Mikromobilität kann den öV auf der sogenannten ersten und letzten Meile optimal ergänzen, gerade auch in den ländlichen Gebieten der Agglomeration. Zentraler Erfolgsfaktor ist dabei die Kundenfreundlichkeit – hier setzt dieses Projekt an.»

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«Sharing Zonen sind ein wichtiger Bestandteil unseres Erste-Letzte-Meile-Konzepts, um die Wege zu unseren Bahnhöfen einfach und komfortabel zu gestalten. Wir versuchen, das Konzept der Sharing Zonen auf nationaler Ebene auszuweiten»

erklärt Eveline Libiszewski, Projektleiterin Erste Letzte Meile bei der SBB.

Der Kanton St.Gallen hat dieses Projekt mit P+D Fördermitteln aus dem St.Galler Energiekonzept (Pilot- und Demonstrationsvorhaben) unterstützt; hier gibt es mehr Informationen zu diesem Förderinstrument.

Auf der clevermobil-Plattform ist das Pilotprojekt kurz beschrieben – und das IMO-HSG hat eine etwas ausführlichere Projektseite geschaltet.

Was kann ich tun?

Die Pilotstudie ist zwar abgeschlossen – clever kombiniert unterwegs sein lässt sichs weiterhin:

  • Halte nach den Sharing Zonen Ausschau und steig bequem vom Zug aufs Trottinett um
  • Probier neue Wege und Mobilitätsformen aus: Vielleicht mit dem Sharing E-Bike zum nächsten Bahnhof und dann nahtlos ans Ziel?
  • Rücksicht nehmen: Stell das Shared Trottinett oder E-Bike an den gekennzeichneten Stellen ab – oder zumindest am Wegrand, so dass es kein Hindernis darstellt. Fussgängerinnen und Füssgänger sowie die nächsten Nutzende danken dir!

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