Dialog & Kooperation
Kantonsforstamt

13. Dezember 2023

Wälder sind die wichtigsten Kohlenstoffsenken der Welt - zu Besuch im St.Galler Wald

Der Wald im Kanton St.Gallen ist aufgrund der zahlreichen Höhenstufen und klimatischen Verhältnisse besonders vielfältig. Ebenso vielfältig sind seine Funktionen, die er erfüllt. Im Interview mit dem Fachverantwortlichen für «Wald im Klimawandel» Maurizio Veneziani und Revierförster Bruno Cozzio erfahren wir, wie es um den Wald im Kanton St.Gallen steht, welchen Einfluss der Klimawandel hat und was Schülerinnen und Schüler an einem Tag bei Revierförster Bruno Cozzio und den Forstwarten Thomas Zahner und Stefan Tönz lernen.

Pascal_Gmür_Porträt

Pascal Gmür
Leiter Staatswald Kanton St.Gallen

Interview mit dem Fachverantwortlichen für «Wald im Klimawandel» Maurizio Veneziani

Warum ist der Wald so wichtig? 
Der Wald ist für uns Menschen sehr wichtig. Einerseits ist er Lieferant von natürlichen Ressourcen (Holz) und schützt uns Menschen vor Naturgefahren wie Lawinen, Steinschlag, Erosion oder Murgängen. Zudem bietet er Raum für Erholung, Ruhe und Ausübung von sportlichen Aktivitäten, wie Joggen, Wandern oder Biken. Ausserdem ist der Wald der Lebensraum für über 25’000 Arten wie Pflanzen, Tiere und Pilze. Somit leben über 40% der in der Schweiz vorkommenden Arten auf ⅓ der Landesfläche. Der Wald ist also ein äusserst wichtiges Ökosystem.

Welche Aufgaben erfüllt der Wald für den Klimaschutz?
Der Wald kann durch Sequestrierung, Speicherung und Substitution von CO2 einen substanziellen Beitrag zum Klimaschutz leisten: Durch Sequestrierung, weil die Bäume mit Hilfe des Farbstoffs Chlorophyll in den Blättern CO2 aus der Atmosphäre aufnehmen. Dabei wird Kohlenstoff (C) als Biomasse so lange im Holz gespeichert, bis das Holz verrottet. Ein Kubikmeter Holz speichert rund eine Tonne CO2. Mit einer nachhaltigen Waldbewirtschaftung kann somit die im Wald gespeicherte CO2-Menge optimiert werden. Durch Speicherung, weil das Holz für die Herstellung von Häusern, Möbeln und vielen anderen Holzprodukten verwendet werden kann. Dabei bleibt der Kohlenstoff für lange Zeit im Holz gespeichert und kann zuletzt wieder rezykliert oder energetisch genutzt werden. Durch Substitution, weil das Holz auch als Ersatz von Plastik, Gas, Erdöl, Beton oder Stahl eingesetzt werden kann. Dadurch wird fossiles CO2 und Energie bei der Herstellung und den Transporten eingespart.

Maurizio-Veneziani_Portrait

Der Wald kann durch Sequestrierung, Speicherung und Substitution von CO2 einen substanziellen Beitrag zum Klimaschutz leisten.

Maurizio Veneziani

Forstingenieur und Fachverantwortlicher für «Wald im Klimawandel»

Ein Kubikmeter Holz speichert rund eine Tonne CO2.

Wie steht es um den St.Galler Wald?
Dem St.Galler Wald geht es nicht schlecht, aber die Folgen der Klimaerwärmung und der Trockenheit der letzten Jahre sind sichtbar. Der Trockenheitsstress schwächt die Bäume und diese sind anfälliger für Krankheiten, Insektenbefall usw. Andere Herausforderungen für den Wald (und die Waldeigentümer) sind die eingeschleppte Schadorganismen wie zum Beispiel das Eschentriebsterben, das durch einen aus Ostasien stammenden Pilz (Hymenoscyphus fraxineus) verursacht wird. Dieser Pilz hat in wenigen Jahren mehr als 90% der Eschen befallen und viele davon zum Absterben gebracht.

Was sind die grössten Erfolge in den letzten Jahren? 
In den letzten Jahren wurden verschiedene Projekte mit dem Ziel gestartet, die Baumartenvielfalt und die Resistenz des Waldes gegen den Klimawandel zu erhöhen. Jedes Jahr werden rund 1000 ha Schutzwald gepflegt, um die langfristige Schutzwirkung des Waldes zu fördern und die Aspekte des Klimawandels werden dabei berücksichtigt. Das Kantonsforstamt wirkt bei aktuellen Forschungsprojekten mit, wie zum Beispiel das nationale Projekt «Testpflanzung zukunftsfähiger Baumarten» und hat im Juni 2023 eine kantonale Strategie «St.Galler Wald im Klimawandel» herausgegeben.

Wo liegen noch grosse Herausforderungen?
Die Herausforderung liegt in der Komplexität der Thematik, in der konsequenten und langfristigen Umsetzung der Massnahmen und der langen Zeitzyklen, die das Leben der Bäume und des Waldes charakterisieren.

Infos und Fakten zum Wald im Kanton

St.Galler Wald

  • Der Wald im Kanton St.Gallen erstreckt sich über rund 60’000 Hektaren. (Anm.: Eine Hektare (ha) umfasst eine Fläche von 100 m x 100 m.) Das entspricht ein Drittel der kantonalen Fläche, was auch den nationalen Verhältnissen entspricht.
  • Wegen der Vielfalt der Höhenstufen (von Bodensee bis zum Ringelspitz) und der klimatischen Verhältnisse ist auch der Wald sehr vielfältig in seiner Struktur und Baumartenzusammensetzungen.
  • 60% der Waldfläche erfüllt eine Schutzfunktion. Der Wald im Kanton gehört rund 17’000 Waldeigentümerinnen und Waldeigentümern (öffentliche und private). Im Kantonsforstamt wirken 11 Mitarbeitende.
  • Die kantonale Waldfläche ist in fünf Waldregionen eingeteilt, die von Regionalförstern geleitet werden. Jede Waldregion ist in Forstrevieren organisiert, die von rund 55 Revierförsterinnen und Revierförstern geleitet werden.
  • Das Kantonsforstamt und die Waldregionen sind die Kompetenzzentren für alle Fragen in und um den St.Galler Wald. Sie setzen sich für den Wald, für seine materiellen und immateriellen Leistungen für uns Menschen und die Umwelt sowie für seine Eigentümer ein. Dies ist eine faszinierende Herausforderung, aber auch eine Verpflichtung.

Staatswald

  • Der «Staatswald» umfasst rund 1’500 Hektaren und ist Wald im Eigentum des Kantons St.Gallen. Die grössten Flächen befinden sich im Fürstenland, dem Toggenburg und im Sarganserland.
  • Der Forstbetrieb Staatswald verfügt über zwei Forstwerkhöfe und Equipen in Oberuzwil und Goldach. Betreut werden die Wälder und das Forstpersonal von den jeweiligen Revierförstern.
  • Insgesamt arbeiten 9 Forstwarte, ein Waldarbeiter und 5 Lernende im Forstbetrieb Staatswald. Die Wälder in den anderen Regionen werden zusammen mit anderen Forstbetrieben und -unternehmern gepflegt.

Interview mit Revierförster Bruno Cozzio

Was bedeutet es Wald zu bewirtschaften?

Wald bewirtschaften heisst aktiv den Wald der Zukunft gestalten. Der Wald hat sich durch die heutige Waldbewirtschaftung als einziger Lebensraum in der Schweiz im Bezug zur Biodiversität positiv entwickelt. Auch kann Bauholz, verwendet in nachhaltigen Bauten, CO2 langfristig binden, und gleichzeitig kann im Wald wieder neues Holz an Jungbäumen wachsen, welches wiederum CO2 bindet. Ein nachhaltig bewirtschafteter Wald ist die beste Art einerseits den einzigen einheimischen Rohstoff verwenden zu können und andererseits dem Klimawandel durch das Binden von CO2 als Waldbesitzer entgegen zu treten.

Ihr arbeitet eng mit Schulen zusammen, was lernen die Kinder und Jugendliche dort?
In den Schulen ist das Thema Klimawandel definitiv angekommen, wobei die Schulen sehr unterschiedlich unterwegs sind. Ich beziehe mich deshalb darauf, was wir im Wald mit Schulen zu diesem Thema aufzeigen und machen. Wir erklären vor allem, was für Auswirkungen die Klimaveränderungen haben können, gerade im Wald rund um ihre Schule und ihren Wohnort. Wir zeigen auf, dass der Wald Aufgaben und Funktionen hat, welche wir Menschen von ihm wollen. Im Bezug zur Sicherheit, zur Vielfalt im Wald, zur Erholung im Wald und zur Waldbewirtschaftung.

Bild Bruno Cozzio

Die Schülerinnen und Schüler verstehen sehr rasch, dass nicht der Wald Probleme mit dem Klimawandel bekommen wird, sondern wir Menschen, wenn der Wald nicht mehr schützt, nicht mehr zur Erholung dient, seine Vielfalt verliert und kein Holz mehr produzieren kann.

Bruno Cozzio

Revierförster

Natürlich zeigen wir auch wie wir im Wald mit verschiedenen Massnahmen und Baumarten versuchen, alle diese Waldleistungen für die Zukunft sicherzustellen. Das ist Aufwand und braucht viel Zeit, und die Kinder verstehen das und sind so bemüht, dem Klimawandel auch mit dem eigenen Verhalten entgegen zu treten. Auch verstehen die Kinder, dass Waldwirtschaft und Energieholzproduktion, wenn es richtig gemacht wird, den Wald der Zukunft positiv beeinflussen kann.

Pflanzaktion in Zuzwil

Die Pflanzung mit der Klasse von Jael Heller der Primarschule Zuzwil hat in der Waldung Säge eine Waldrandaufwertung mit Bäumen (Eichen) der Zukunft bepflanzt. Für die Vielfalt und das Wild wurden dazu auch noch einheimische Büsche gepflanzt. Die gesamte Pflanzung ist eingebettet in ein Aufwertungsprojekt von Pro Natura, welches den Wald, die Wiesen und Riete sowie einige Kleingewässer beinhalten.

Bilder: (1) Von Hand sorgfältig im Zweierteam gepflanzter Strauch (2) Forstwart Thomas Zahner erklärt die Pflanzarbeit (3) Die Eichen erhalten einen Schutz vor Rehbiss (4) An der Arbeit mit Forstwart Stefan Tönz (5) umweltgerecht mit dem Fahrrad angereist (6) Gruppenfoto nach vollbrachter Arbeit

von Hand sorgfältig im Zweierteam gepflanzter Strauch
Forstwart Thomas Zahner erklärt die Pflanzarbeit
Die Eichen erhalten einen Schutz vor Rehverbiss
an der Arbeit mit Forstwart Stefan Tönz
umweltgerecht mit dem Fahrrad angereist
Klasse Jael Heller, Primarschule Zuzwil

Wofür steht das Label Schweizer Holz?

Schweizer Holz ist der natürliche und stetig nachwachsende Rohstoff unseres Landes. Das Label Schweizer Holz ist das verlässliche Zeichen für Holz aus der Schweiz, für die vollumfängliche Wertschöpfung in der Schweiz – und für einen verantwortungsvollen, nachhaltigen Umgang mit Holz und Wald.
Im Staatswald werden jährlich über 10’000 Kubikmeter und im gesamten St.Galler Wald jährlich rund 290’000 Kubikmeter Holz geerntet.

Drei Botschaften – Was kann ich tun?

  • An die Waldbesitzer: Wald bewirtschaften bedeutet dem Klimawandel entgegen zu treten.
  • An Firmen, Private und die öffentliche Hand: Bauen mit Holz ist umweltfreundlich und fördert nachhaltig die regionale Wirtschaft.
  • An Alle: Nutzt die Produkte des Waldes, auch die Erholung im Wald. Denkt einfach daran, der Wald hat eine Besitzerin, einen Besitzer und wir alle sind Gäste im Wald.

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