Raum & Wohnen
Sankt Plus.

24. November 2023

Grosse Herausforderungen und grosse Hebel

Beim Thema Immobilien treffen vielfältige Herausforderungen unserer Gesellschaft aufeinander: Der Umstieg auf erneuerbare Energien, das wirtschaftliche Umfeld mit steigenden Zinsen und Inflation, der demografische Wandel und das Bevölkerungswachstum. Wie bringen wir das alles unter einen Hut? Dieser Frage ging die Auftaktveranstaltung von Sankt Plus am 9. November 2023 nach. Eingeladen waren Akteurinnen und Akteure aus der Immobilienbranche sowie interessierte Personen um sich aktiv in Workshops mit diesen Themen auseinanderzusetzen.

Clara Esteve von OstSinn kümmert sich um ShareGallen

Clara Esteve
Kernteam Sankt Plus

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Zu Beginn der Veranstaltung gaben Eric Schirrmann, Geschäftsführer Stiftung Hausen und Wohnen und Lars Willi, Geschäftsführer InVite AG, einen Überblick über relevante Trends und deren Einfluss auf die Immobilienbranche. Zwei Themen beschäftigen dabei besonders: der Einfluss des demografischen Wandels auf die Immobilienbranche sowie alternative Finanzierungsmodelle, die Wohneigentum für eine breite Gesellschaftsschicht ermöglichen. 

Wohneigentum ist für viele Menschen unbezahlbar geworden. Darum steigt das Interesse an Genossenschaften und innovativen Finanzierungsmodellen wie beispielsweise Mietkaufoptionen, Zwischennutzungen und Crowdinvesting, die frischen Wind in die Branche bringen. Das bestätigt auch Lars Willi, der mit InVite AG einen neuen Finanzierungsansatz für Wohneigentum entwickelt hat.

Finanzierungen mithilfe der "Crowd"?

Crowdinvesting erlaubt Unterstützern, ein Unternehmen mitzufinanzieren und als Gegenleistung einen Anteil an der Gesellschaft oder eine Gewinnbeteiligung zu erhalten. Anders als bei klassischen Investments ist das auch mit kleinen Summen möglich – auf einigen Plattformen schon ab 100 CHF. Die Entscheidungsbefugnis des Investors ist jedoch häufig begrenzt, damit die Handlungsfreiheit der Führungsriege des Unternehmens gewahrt bleibt.

Miteigentümer werden

Zum Crowdinvesting gehört auch Crowdfunding im Immobilienbereich. Darauf spezialisierte Websites machen es möglich, dass sich Investoren für ein Immobilienprojekt zusammentun können. (Weitere Infos hier)

Einfluss des demografischen Wandels auf Immobilien

Eric Schirrmann führte auf, dass Umfragen den Wunsch älterer Menschen bestätigen, möglichst lange unabhängig zu Hause zu leben. Die Herausforderung besteht darin, die bestehende Bausubstanz an diese Bedürfnisse anzupassen. Beispielsweise wohnen 80% der über 65-Jährigen in Gebäuden, die vor 1990 erbaut wurden und oft nicht barrierefrei sind. Hier kommt der Wohnungswirtschaft eine entscheidende Rolle zu, entsprechenden Wohnraum zur Verfügung zu stellen – und zwar nicht nur in (teuren) Ersatzneubauten, sondern auch im Bestand.

Zusätzliche Überlegungen nehmen eine noch breitere Perspektive ein: In Pilotprojekten in Zug, Basel oder Bern tauschen Menschen ihr Heim und helfen sich damit gegenseitig, passend zu ihrer Lebenssituation eine geeignete Immobilie zu finden. Solche Projekte helfen, Wohnraum zu finden, der die baulichen, finanziellen und sozialen Bedürfnisse bzw. Möglichkeiten der Parteien berücksichtigt.

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Im Mittelpunkt stehen die Bedürfnisse der Menschen. Um diese müssen sich die Gespräche der verschiedenen Parteien drehen, damit bedarfsorientierte Lösungen entstehen.

Eric Schirmann

Geschäftsführer Stiftung Hausen und Wohnen

Ausgewogenheit als Ziel: Sozial nachhaltige Immobilienportfolios

Wie diese soziale Nachhaltigkeit systematisch in grösseren Immobilienportfolios erfasst und eingeschätzt werden kann, präsentierte Dr. Joëlle Zimmerli, Gründerin und Geschäftsführerin der Zimraum GmbH. Ein Kriterien-Set mit messbaren Kennzahlen sowie eine Checkliste ermöglicht eine einfache Evaluation eines Portfolios.

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Schlechte Resultate bei der Evaluation vom Portfolio sollen auf keinen Fall zu einer Desinvestitionsstrategie führen, sondern zur Verbesserung des Gebäudebestands.

Dr. Joëlle Zimmerli

Geschäftsführerin Zimraum GmbH

Hinter dem Instrument steckt das Ziel, Portfolios gesamthaft zu betrachten und dafür zu sorgen, dass unterschiedliche Gesellschaftsgruppen und deren Bedürfnisse (z.B. Einkommen, Alter, Lebenssituation) angemessen berücksichtigt werden. Ziel ist es, dass dadurch Investoren mehr soziale Verantwortung übernehmen. Im Gegensatz zur ökologischen Nachhaltigkeit, bei der die Ziele in eine klare Richtung weisen, geht es bei den sozialen Aspekten um Ausgewogenheit.

Klimaneutrales Wohnen und bezahlbarer Wohnraum: Wie kann beides gelingen?

Alexander Scheidegger vom Institut für Modellbildung und Simulation an der Ostschweizer Fachhochschule OST widmete sich dem Schnittpunkt von ökologischer und sozialer Nachhaltigkeit.

Rund 10% der Einwohner:innen der Schweiz finden ihre aktuelle Wohnung zu gross. Wenn wir gemeinsam attraktive Lösungen entwickeln, damit diese Zielgruppe auf weniger Fläche wohnen kann, wird gleichzeitig die Wohnungsknappheit, die Treibhausgasemissionen und der Ressourcenverbrauch reduziert. 

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Alexander Scheidegger
Institut für Modellbildung OST

Es braucht eine neue Denkweise

Gemäss Alexander Scheidegger werden knapp eine Million Gebäude in der Schweiz heute noch mit fossilen Brennstoffen geheizt. Es stehen grosse Investitionen an, die zu drei Viertel durch Kleininvestoren und Private getragen werden müssen. Und: um das Ziel der Dekarbonisierung zu erreichen, müssten 84% der heute 340’000 Angestellten im schweizerischen Bausektor ausschliesslich an energetischen Sanierungen arbeiten. Das Fazit von Alexander Scheidegger dazu: Das wird nicht leist- und finanzierbar sein. 

Darum wird sich die Denkweise verändern müssen: weg von reinen Ersatzneubauten hin zur Frage, was unbedingt nötig ist, um die Öl- oder Gasheizung zu ersetzen. Nur so wird es möglich sein, die ökologische Wende zu schaffen und gleichzeitig der sozialen Nachhaltigkeit (siehe oben) von Immobilien gerecht zu werden.

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Wie macht man das?

Die Anwesenden der Veranstaltung im Leo & Co Coworking Space waren sich einig, dass Dialog und der Einbezug der verschiedenen Perspektiven ein wesentlicher Erfolgsfaktor ist, um über kreative und neuartige Lösungen die angestrebte Zukunft Schritt für Schritt zu gestalten.

Was kann ich tun?

  • Erfahre mehr über Tauschmöglichkeiten von Wohnungen für eine bedarfsgerechtere Nutzung. Zum Beispiel beim Pilotprojekt in Zürich und in Basel
  • Interessieren dich sozial nachhaltige Immobilienportfolios? Ein Innosuisse-Projekt hat ein Instrument dazu entwickelt.
  • Dich interessieren Mischungsstrategien grosser Wohnsiedlungen? Vertiefe dich zu diesem Thema mit dieser Online-Publikation. 
  • Konzepte innovativer Finanzierungsmodelle findest du hier und hier.
  • Informiere dich über die Forschungsergebnisse aus dem NFP 73-Projekt – Wohnen und bauen.

Melde Dich bei info@sanktplus.ch, um über die nächsten Sankt Plus Veranstaltungen informiert zu bleiben.

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