Dialog & Kooperation
Trägerverein Energiestadt

12. Oktober 2023

Spaziergang mit spannenden Einblicken in Uzwil

Christoph Paly ist Bereichsleiter Bau der Gemeinde Uzwil. Mitte Juni zeigte er einer Gruppe von Gemeinde- und Kantonsvertretenden, Energiestadtberaterinnen und Mitarbeitenden von Raumplanungsbüros wie Uzwil klimaangepasst plant und umsetzt.

Stefanie Huber_Portrait

Stefanie Huber
Stv. Leitung Energiestadt Ostschweiz

Ein heisser Sommer-Abend in Uzwil. Eine Gruppe aus dem Energiestadt-Umfeld trifft sich Mitte Juni am frühen Abend auf Einladung des Kantons St. Gallen vor dem Gemeindehaus Uzwil. Eine Schifflistickerei vor dem Platz begrüsst uns und nimmt den Faden der Geschichte auf. Dieser wird an diesem Abend vom Bereichsleiter Bau, Christoph Paly, weitergesponnen. Auf einem Spaziergang durch Uzwil zeigt er uns auf, wie die Gemeinde mit den aktuellen Herausforderungen insbesondere des Klimawandels beim Planen und Bauen umgeht und wie sie die Zukunft mit klimaangepasster Planung angeht: Wie gehen wir mit mehr Hitze um, mit Starkniederschlagsereignissen, wie erhalten wir die Lebens- und Aufenthaltsqualität in der Gemeinde? Uzwil nimmt damit ihren Energiestadt-Slogan «jetzt für morgen» wortwörtlich.

Lindenplatz_Plan

Christoph Paly lebt, was er als seinen Leitspruch mehrmals an diesem Abend betont: Als Gemeinde muss man gestalten, nicht verwalten. Die Gemeinde nimmt hier zum Beispiel mit den Bauherrschaften die Aussenräume in den Blick, die beim Bauen oft nicht mitgedacht werden. Die rege Bautätigkeit in der Gemeinde soll genutzt werden, um den Aufenthalt in der Gemeinde attraktiver zu machen und die Freiräume aktiv zu gestalten.

Anhand von fünf Stationen zeigt Christoph Paly uns auf, wie das konkret geschieht.

Lindenplatz_Broschuere

Station 1: Lindenring

Das Uzwiler Blatt vom Mai 2023 hat zur Lindenstrasse, an welcher das Gemeindehaus liegt, geschrieben:

«Vor wenigen Jahren war die Lindenstrasse vieles, aber keine Strasse mit einer Zentrumsfunktion. Die letzte Ortsplanungsrevision hat die Weichen gestellt, damit sich Zentrumsnutzungen entlang der Lindenstrasse ansiedeln können. Und in der Folge veränderte sich die Welt entsprechend dieser Absicht. Stichworte sind das Gemeindehaus und der Stickereiplatz, die Überbauung des Benninger-Areals und die Migros mit dem vorgelagerten Benningerplatz, der Lindenring als neuer öffentlicher Ort.»

Auf diesem neuen öffentlichen Ort stehen wir kurze Zeit später. Die Linden rund um den Platz tauchen den Platz in angenehmen Halbschatten. Der Platz ist versickerungsfähig und bietet auch den Bäumen genügend Platz für ihre Wurzeln. Er soll ein Treffpunkt für die Gemeinde sein, wird aber auch von der Gemeinde bespielt. Die Gemeindemitarbeitenden spielen zum Beispiel regelmässige Boccia auf dem Lindenring.
Aktuell ist auf dem Platz wenig los, dafür umso mehr bei der Migros gegenüber. Da man möglichst wenig Parkplätze an dieser Lage wollte, wurden die Parkplätze des Gemeindehauses bei der Migros integriert. Gemeindepräsident Lucas Keel formuliert es so: «Es gab zu Beginn Kritik dafür. Aber von der Migros zum Gemeindehaus sind es 80 Schritte – das sind weniger, als Sie beim Einkaufen machen.»
Die Gemeinde macht uns auf kleine Gerätchen an den Kandelabern aufmerksam. Obwohl es Basisdaten und bald auch Klimakarten für die Gemeinden gibt, möchte Uzwil zusätzliche Klimainfos zu einzelnen Orten sammeln.

Elefaentchen

An dieser Stelle muss Christoph Paly noch die Frage der kleinen bunten Elefanten beantworten, die auf dem Dreieck zwischen Lindenring, Migros und Gemeindehaus stehen. Wer auf eine spannende historische Geschichte hoffte, wird enttäuscht – die Elefäntchen dienen prosaisch als Poller und boten sich wegen der Stabilität und der Kosten an.

Station 2: Schifflipark
Nur wenige Meter entfernt, hinter dem Gemeindehaus, bietet sich uns bereits ein völlig anderes Bild: Der Schifflipark ist für Schweizer Verhältnisse ein richtiger Park, inklusive Spielplatz und Freifläche. In einem älteren Gebäude der Gemeinde sind auch Sanitäranlagen untergebracht. Während rundherum dicht gebaut werden soll, ist der «Central Park von Uzwil» ein Rückzugsort.

Schifflipark_Plan2

Hier weist uns Christoph Paly auf die wassersensible Siedlungsentwicklung hin. Uzwil ist zu klein für ein klassisches Schwammstadt-Konzept, aber man möchte die Idee auf die lokalen Gegebenheiten herunterbrechen. So investiert die Gemeinde zum Beispiel in Quartierbegehungen oder folgt den Wassersträngen, um herauszufinden, wo Wasser entzogen wird. Uzwil hat einige stark versiegelte Flächen, vor allem an den Industriestandorten. Über eine Potenzialanalyse und Abbildungen in der Generellen Entwässerungsplanung (GEP) soll eine Massnahmenplanung erarbeitet werden. Ziel ist es, wenn Strassen saniert oder geöffnet werden müssen, dass dann die Versickerungsfähigkeit erhöht wird. Wird irgendwo Tempo 30 eingeführt, werden anstatt klassische Hindernisse zu bauen, Rabatten und Bäume gepflanzt.

Bach1

Station 3: An der Uze

Die Uze spielt für die Entwicklung von Uzwil eine zentrale Rolle, brachte sie doch die Industrie ins heutige Zentrum. Das heutige Uzwil besteht immer noch aus sieben Dörfern, die durch Grüngürtel getrennt sind – diese sollen erhalten werden, was in der Ortsplanung abgebildet ist. Die Grüngürtel dienen als Verbindung und sollen auch für den Fuss- und Veloverkehr als Netz dienen. Die Gemeinde geht proaktiv auf Bauherren zu, um verschiedene Parteien zusammenzubringen und gute Lösungen u.a. für neue Wege zu finden.

Dass Uzwil durchaus selber neue Wege geht, zeigt die Idee, die Umzäunung des Freibads in den Nicht-Bademonaten aufzuheben und so weitere Wege für den Fuss- und Veloverkehr zu öffnen. Die Gemeinde setzt sich auch dafür ein, dass die Gewässerreservezonen als Velo- und Fusswege genutzt werden können. Man darf gespannt sein, wie das Velowegnetz in Uzwil in ein paar Jahren aussehen wird!

Bruecke_Plan
Bruecke_Leute
Planungen_Leute (1)

Station 4: Lindenplatz 

Entlang der Gupfenstrasse stehen aktuell 12 Gebäude vor der Renovation. Die Gemeinde hat die Investorinnen und Investoren zusammengebracht und einen gemeinsamen Gestaltungsplan erarbeitet. Ziele der Gemeinde sind beispielsweise eine gute Durchwegung, die Bachöffnung des Huberbach und die Gestaltung von Pärken. Dabei trägt die Gemeinde auch ihren Teil bei, indem sie beispielsweise den Bau der Brücken übernimmt. In einer Planungszeit von 2-3 Jahren müssen rund 50 Pläne zusammengebracht werden. Aber um es mit Christoph Palys Worten zu sagen: «Es gewinnen Mensch und Natur.» Als Basis hat die Gemeinde bereits ein Biodiversitätskonzept erarbeitet.

Station 5: Bahnhofstrasse

Auf der Bahnhofstrasse lässt sich einmal mehr der Gestaltungswille der Gemeinde illustrieren. Die Gemeinde pflegt einen engen Kontakt zu den Investorinnen und Investoren, geht auch proaktiv auf sie zu, und bindet sie in die Umsetzung der städtischen Grundsätze mit ein. An der Bahnhofsstrasse werden u.a. eine Temporeduktion realisiert sowie Baumstrukturen und Elemente für den Fuss- und Veloverkehr eingebaut.
Auf einem Grundstück hat die Gemeinde Ideen entwickelt, bereits bevor private Planungen entstanden sind. Als Vorgabe wurde dort u.a. verankert, dass das Wasser vor Ort versickert werden muss. Wer das nicht umsetzen will, muss den Beweis erbringen, dass es nicht geht.
Uzwil scheint ein attraktiver Standort zu sein, neu gebaute Wohnungen sind sofort weg. Uzwil setzt sich für grössere Wohnungen ein, der Wohnungsmix ist Gegenstand intensiver Diskussionen.

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Aperobuffet

Letzte «Station»: Apéro

Der Abend klingt bei einem lokalen und saisonalen Apéro aus, offeriert von der Gemeinde Uzwil. Mit Christoph Paly lassen wir Revue passieren, was es braucht, damit eine Gemeinde erfolgreich «Jetzt für morgen» planen kann: Einzelne Leute, die mit Leidenschaft ziehen und Visionen entwickeln; proaktives, vorausschauendes Handeln der Gemeinde; Einfachheit in den Konzepten, dafür aber eine konsequente Umsetzung.

Dass der Abend niemand kalt gelassen hat, ist nicht nur dem Wetter, sondern auch dem Referenten zu verdanken. Wer es von seiner eigenen Gemeinde her nicht kennt, dass man sich traut, so aktiv die Entwicklungen zu gestalten und auf die Bauherrschaften mit Forderungen und Lösungsvorschlägen zuzugehen, Visionen zu entwickeln und diese auch Schritt für Schritt zu verwirklichen, der ist beeindruckt nach Hause gefahren. Auch wer schon bei fortschrittlichen Gemeinden zu Besuch war, wird Uzwil als gutes Beispiel in lebhafter Erinnerung behalten.

Schifflipark_Plan1 (1)
Planungen_Plan (1)

Die Einladung in Form eines Feierabend-Spaziergangs ist eine Premiere im Rahmen der Strategie zur Anpassung an den Klimawandel im Kanton St.Gallen. Organisiert wurde er von den Akteuren der Massnahme «Gemeinde, Städte, Regionen und Korporationen beraten und unterstützen» und der Vorgehensberatung für Gemeinden, in Zusammenarbeit mit der Massnahme «Integrale Quartier- und Arealentwicklung» aus dem St.Galler Energiekonzept 2021-2030 sowie der Energiestadt Uzwil.

Was kann ich tun?

Als Gemeinde:

  • Nutzen Sie für Fragen rund um das Thema Anpassung an den Klimawandel die Hotline 058 229 74 34 oder melden Sie sich für eine Vorgehensberatung an.
  • Nutzen Sie das Online-Tool für Gemeinden zum Thema Anpassung an den Klimawandel, das der Bund zur Verfügung stellt.

Als Privatperson:

Als Planerin und Planer:

Wer noch mehr zu Uzwil lesen möchte, findet hier einige spannende Links:

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